NDR Kultur

2022-12-02 19:59:39 By : Mr. Damon Ji

Im Drama "Die stillen Trabanten" mit Martina Gedeck, Nastassia Kinski und Charly Hübner erzählt Thomas Stuber von Einsamkeit, Verlusten und dem Wunsch nach Liebe. Es startet heute im Kino.

Das Buch "Stille Trabanten" des Leipziger Autors Clemens Meyer erschien 2017 und enthält neun Kurzgeschichten. Drei davon erzählt Thomas Stuber in seinem Film "Die stillen Trabanten". Es ist nicht das erste Mal, dass der Regisseur Thomas Stuber Kurzgeschichten von Clemens Meyer verfilmt. Wie schon bei dem preisgekrönten "In den Gängen" haben der Autor Meyer und der Regisseur Stuber das Drehbuch gemeinsam verfasst.

Auch haben beide Filme das Melodramatische, und den oft zärtlichen Grundton, mit dem die Figuren gezeichnet sind, gemeinsam, nur ein bisschen Witz und Ironie, ein kleines komisches Ventil, das einen wenigstens kurzfristig aus der Tristesse "Der stillen Trabanten" entfliehen lässt, das gibt es nicht.

"Die stillen Trabanten": Sektchen, Cognak und vergessene Träume

Die Friseurin Birgit stellt diese Frage ein wenig kokett der Frau mittleren Alters am Ecktisch der halbleeren Bahnhofskneipe. Christa arbeitet als Bahnreinigungskraft, solide und zuverlässig und ist dennoch den Schikanen Ihrer Vorgesetzten ausgesetzt. Bei Sektchen und Cognak treffen die Frauen sich nun öfter, fliehen aus ihrem Alltag und dem Alleinsein, kommen sich näher und entdecken vergessene Träume neu.

Und dann sind da Wachmann Erik und Kollege Hans. Der eine kümmert sich um die ehemalige Russenkaserne, der andere um das Objekt 95: "Alles ruhig auf dem Weg 95? Alles ruhig." Am Zaun eines Ausländerwohnheims, einem alten Plattenbau, lernt Erik die junge Marika kennen, und verliebt sich in sie: "Sie berührt mich, dabei kenne ich sie gar nicht."

Jens und Mario hingegen kennen sich seit ihrer Kindheit. Gemeinsam haben sie einem Imbiss eröffnet, doch hinterm Tresen steht tagein tagaus nur Jens. Mario ist mal da, mal nicht und irgendwann einfach weg. Währenddessen verliebt sich Jens in Aischa, die zum Islam konvertierte Ehefrau seines Nachbarn Hamed. Heimlich treffen sich Jens und Aischa nachts auf dem Balkon zum Rauchen. Trabanten gibt es am Himmel und auf der Erde. In der Astronomie sind es Himmelskörper, die einen Planeten umkreisen. Ganz nahe kommen sie sich - trotz Anziehungskraft - nie. Den Filmfiguren ist ein ähnliches Schicksal beschieden.

Wenn Jens zu Aischa beim Sonnenuntergang am Himmel über Leipzig von Trabanten spricht, meint er wohl auch die Großwohnsiedlungen, auf die beide blicken: "Gleich kann man die Lichter der Trabanten sehen…"

Einsamkeit, Sehnsüchte, Verluste, Hoffnungen und der Wunsch nach Liebe und Geborgenheit, darum geht es in allen drei Geschichten, die von Menschen erzählen, die lose miteinander verbunden, in den Schattenzonen der Konsumgesellschaft leben. Still genießen sie die kurzen Momente des Glücks oder versuchen ebenso leise die des brutalen Schreckens  durchzustehen.

Das Schauspieler-Ensemble ist bemerkenswert und namhaft, darunter Martina Gedeck, Nastassia Kinski, Charly Hübner, Peter Kurth und Albrecht Schuch. Sie verleihen den Momentaufnahmen durchaus Kraft, am Ende aber ist es bei Film und Zuschauern wie bei den Trabanten am Himmel: So richtig zueinander kommen sie nicht.

Ob Theater, Regie, Comedy oder Film: Schauspieler Charly Hübner ist ein Multitalent und Publikumsliebling. mehr

Clemens Meyers Texte sind außergewöhnlich schön und ebenso traurig. In seinen Erzählungen "Die stillen Trabanten" widmet sich der Autor erneut Menschen am Rand der Gesellschaft. mehr

Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt begrüßen unter anderem Ilja Richter, Albrecht Schuch und Jane Birkin in der NDR Talk Show. mehr

Der Film "Rheingold" lockt derzeit viele Jugendliche in die Kinos. Wird der KulturPass helfen, die Säle weiter zu füllen? mehr