Lineartechnik für die Forschung: Der Weg einer Hybridrakete in den Orbit

2022-12-02 19:50:50 By : Ms. Minidy Chen

22.11.2021 – Kategorie: Komponenten & Systeme

Als erstes studentisches Team in Europa will WARR eine Hybridrakete mit einem kyrogenen Motor entwickeln. Derzeit testen die Forscher das Versorgungssystem der Brennkammer und werden dabei von Rodriguez mit Profilschienen und Präzisionslaufwagen unterstützt.

Lineartechnik in der Raumfahrt: Die Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt, kurz WARR, ist eine deutsche Studentengruppe, die sich mit verschiedenen Themen der Raumfahrt beschäftigt. Die Abteilung Raketentechnik entwickelt seit 1966 Hybridantriebe und setzt sie in Höhenforschungsraketen um.

Das Projekt Cryosphere ist ihr jüngstes Vorhaben. Das Projekt, an dem die Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik der TU München beteiligt ist, befasst sich mit dem Entwurf, Bau und Start einer kryogen angetriebenen Rakete, die eine Flughöhe von 35 Kilometern und eine Geschwindigkeit von Mach > 3 erreichen soll. Die Studenten wollen mit den Raketen den aktuellen euro­päischen Amateur-Höhenrekord brechen, der aktuell bei 32,1 Kilometern liegt. Die Treibstoffe der einstufigen Rakete sind flüssiger Sauerstoff und fester HTPB-Kunststoff.

„Es handelt sich um die erste Hybridrakete mit einem kryogenen Motor in Europa, die vollständig von Studenten entwickelt wird“, sagt Matthias Bode, Leiter der Raketentechnik bei WARR. Das Projekt befindet sich auf der Zielgeraden: Im Rahmen des Stern-Programms, welches das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betreute, haben die jungen Forscher ein Fullscale-Triebwerk gebaut und im Dezember 2017 erfolgreich am DLR-Standort Lampoldshausen getestet. „Die Entwicklung der Rakete ist zum aktuellen Zeitpunkt effektiv abgeschlossen“, schildert Bode. „Die Flughardware ist weitgehend fertiggestellt und validiert. Im Laufe des nächsten Halbjahres müssen wir nur noch einige wenige Teile bauen beziehungsweise testen, unter anderem die Brennkammer.“

Derzeit testet WARR das Versorgungssystem für die Brennkammer der Ex-3-Rakete. Zwei wichtige Leistungsmaße dabei sind die Menge an Oxidator im Tank sowie der Massenstrom des Oxidators während des Betriebs der Brennkammer. „Wir bauen Hybrid-Raketen. Das bedeutet, dass wir einen festen Treibstoff in unserer Brennkammer lagern und aus einem weiteren Tank einen flüssigen Oxidator einspritzen“, erläutert Bode. „Wir verwenden dafür Flüssig­sauerstoff bei kryogenen Temperaturen von -180˚C. In der Brennkammer wird die Kombination erhitzt, vermischt und verbrannt.“ So werden Gase mit 2.000 m/s (7.600 km/h) erzeugt, die den Schub der Rakete generieren. Um eine ideale Verbrennung zu erreichen, müssen die Forscher das Mischungsverhältnis sowie den idealen Druck der Brennkammer klar definieren und eine optimale Steuerung des Vorgangs im realen Betrieb gewährleisten.

Um eine genaue Massenmessung zu ermöglichen, wird das Versorgungssystem vertikal verschiebbar gelagert und auf einer Waage abgestützt. Für diesen Zweck bezog die WARR Raketentechnik Profilschienen und Präzisionslaufwagen bei Rodriguez aus Eschweiler. „Für unsere Anwendung benötigten wir eine steife und präzise Lagerung unseres Versorgungssystems“, so Bode. „Der gelagerte Abteil wiegt 75 Kilogramm im leeren und 120 Kilogramm im betankten Zustand und ist 2,50 Meter hoch. Insgesamt erreicht das Versorgungssystem eine Höhe von 3,50 Metern.“ Dazu kommt, dass sich die Strukturelemente durch hohe Temperaturgradienten in Folge der Beförderung und Lagerung von kryogenem Flüssigsauerstoff bei -180˚C deutlich verformen. Die Linearführungen müssen die dadurch erzeugten Momente und Spannungen aufnehmen, ohne die Laufeigenschaften der Führungen zu beeinträchtigen.

Im Prüfstand von WARR kommen zwei 2 Meter lange Profilschienen der Größe 25 inklusive Abdeckkappen sowie vier 4-reihige, langzeitgeschmierte Präzisionslaufwagen zum Einsatz. „Profilschienenführungen mit vier Kugelreihen pro Laufwagen können Kräfte aus allen Hauptrichtungen aufnehmen“, erläutert Jörg Schulden, Produktmanager Lineartechnik bei Rodriguez. „Die X-Anordnung der Laufbahnen ermöglicht eine gute Einstellung der Vorspannung, zudem wird das System weniger empfindlich für Fluchtungsfehler. Deshalb werden Linearführungen dieser Bauart häufig in Produktionsmaschinen und für Roboteranwendungen eingesetzt.“ Das integrierte Schmiersystem verlängert die Wartungsintervalle und macht die Profilschienenführungen ausgesprochen wartungsarm. Ein optional lieferbares Metallabdeckband schützt vor Verunreinigungen.

Bei WARR sind die Profilschienen vertikal verlaufend an die Rückseite des Prüfstands geschraubt. Jede Führung hat zwei Laufwagen. Die Ventilplatte lagert ihr Gewicht auf dem Flüssigsauerstofftank, dieser ist wiederum über eine Stütze auf einer Waage abgelegt. Wegen der verschiebbaren Lagerung wird das zusätzliche Gewicht des Oxidators sicher auf die Waage übertragen und lässt sich während der Betankung und dem Betrieb des Triebwerks genau verfolgen. „Die Präzision und Steifigkeit der Linearführungen von Rodriguez waren von großer Bedeutung für diesen Aufbau“, betont Bode. „Insbesondere die Steifigkeit des Systems hat die Inbetriebnahme vereinfacht und die Genauigkeit und Präzision der Messungen deutlich verbessert.“

Abgesehen von der Qualität der Produkte waren die jungen Forscher auch von der Zusammenarbeit mit Rodriguez überzeugt. Insbesondere der freundliche Vertrieb und der gute Kundenservice konnten überzeugen. „Zudem wurde unser Auftrag sehr schnell bearbeitet, was gerade im Prototypenbau wichtig ist“, so Bode abschließend. Somit ist der Weg frei für weitere gemeinsame Projekte: „Linearführungen für die Schub- und Massenmessung werden wir in Zukunft erneut benötigen und auch in unserer Betankungsinfrastruktur verbauen wir Lineartechnik. Dafür werden wir uns auf jeden Fall wieder an Rodriguez wenden.“

Die Autorin Nicole Dahlen ist Geschäftsführerin Vertrieb, Marketing und Organisation bei Rodriguez.

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