Durchflussmessung und Stellventil integriert

2022-12-02 19:53:14 By : Mr. langbo Lee

Zukünftige autonome Prozessanlagen benötigen dezentrale Intelligenz im Feld. Dieser Überzeugung folgend, hat der Messtechnik-Anbieter Krohne gemeinsam mit dem Ventilspezialisten Samson für die Regelung von Flüssigkeitsströmungen eine Lösung entwickelt, die nicht nur das zentrale Leitsystem entlastet, sondern der Digitalisierung insgesamt Vorschub leisten soll.

Der neue Prozessknoten beinhaltet ein Regelventil, eine Ultraschall-Durchflussmessung, eine Differenzdruckmessung und die Temperaturmessung. Die Geräte sollen künftig für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen in den Zündschutzarten Ex d und Ex e angeboten werden und sollen ab dem ersten Quartal 2020 in der Nennweite DN 80 und Druckstufe PN 16/40 verfügbar sein. Die Verschmelzung von Sensorik, Aktorik und einer Steuerung bietet neben einer hohen Regelgüte umfangreiche Diagnosefähigkeiten für Gerät und Prozess. (Bild: Samson)

Wenn vier Komponenten einer Anlage durch eine ersetzt werden, dann wird schnell klar, dass sich damit nicht nur Anlagenbetreiber viel Geld sparen können, sondern auch Anlagenplaner. Genau dies haben die Hersteller Krohne und Samson im Sinn: Mit einem neuen, intelligenten Prozessknoten, der gleichzeitig Durchfluss, Druck und Temperatur misst und als autonomes Regelgerät agiert, beschreiten die Gerätehersteller gemeinsam Neuland. Und gleichzeitig wollen die Automatisierungsspezialisten den bislang zentralistischen Prozessleitsystemen Funktionen abnehmen und diese in das Feld verlagern: „Bei der Umsetzung der Namur Open Architecture und einer offenen Plattform für die Prozessautomatisierung laufen wir immer wieder gegen die gleiche Mauer: Wir haben Sensoren und Aktoren, aber deren Daten bekommen wir nicht durch die Leittechnik-Architektur, um entsprechende Dienste und Services für die Optimierung bereitzustellen“, sagt Dr. Thomas Steckenreiter, CTO von Samson.

Schon im Hauptvortrag zur Namur-Hauptsitzung im November 2015 hatte Krohne gezeigt, wie sich der Gerätehersteller die Integration von Sensorik und Aktorik vorstellt: „Wir sind sogar so weit gegangen, dass wir die zentrale Steuerung und das Durchflussmessgerät integriert haben. Das Leitsystem muss nur noch ein Sollwert vorgeben“, beschreibt Dr. Attila Bilgic, CTO von Krohne, die Vision. Das Potenzial eines solchen dezentralen Regelgeräts verdeutlicht Bilgic anhand des Beispiels einer Abfüllsteuerung: Mithilfe künstlicher Intelligenz und unter Einsatz eines geschlossenen Regelkreises, bestehend aus einer Durchflussmessung und einem Ventil, entwickelte die KI in 2.000 Lernzyklen einen Algorithmus zur Abfüllung von PET-Flaschen, der mit einer völlig neuen Fahrweise schneller und genauer abfüllt als konventionelle Systeme.

Dr. Thomas Steckenreiter, CTO von Samson: "Wir müssen den Planungsprozess überarbeiten, wenn wir den Nutzen der Digitalisierung heben wollen."

Kavreet Bhangu, Geschäftsführer von Fokus-On: "Wir schätzen, dass wir durch das Einsparen von Flanschen und Verkabelung, aber auch im Engineering und der Inbetriebnahme gegenüber klassischen Regelkreisen bis zu 33 Prozent Kosten sparen."

Im 50:50-Joint Venture mit dem Namen Focus-On haben die Hersteller die Idee nun zu einem Produkt umgesetzt: Das Gerät beinhaltet nicht nur ein Ventil, sondern auch eine Ultraschall-Durchflussmessung, eine Differenzdruckmessung sowie die Temperatursensorik. Doch der neue Ventilknoten zielt nicht nur darauf, die Regelgüte in Prozessen zu verbessern. „Dadurch, dass wir vier Geräte durch eines ersetzen, spart der Anwender rund ein Drittel der Investitions- und Installationskosten“, sagt André Boer, einer der beiden Geschäftsführer des neuen Unternehmens, das seinen Sitz im niederländischen Dordrecht hat.

Zudem rechnet der Hersteller damit, dass sich das Engineering deutlich vereinfacht: Weil lediglich eine Sensor-Aktor-Stelle geplant werden muss, sinkt die Zahl der Engineering- und Einkaufsspezifikationen von vier auf eine. Auch die Zahl der Prozessanschlüsse und der damit notwendigen Flansche reduziert sich auf zwei Anschlüsse. Zudem sinkt das Risiko von Leckagen, und auch die Verkabelung ist deutlich einfacher, wodurch Installation und Inbetriebnahme vereinfacht werden.

In die Ventilkonstruktion wurde eine Ultraschall-Durchflussmessung integriert.

„Wir schätzen, dass wir durch das Einsparen von Flanschen und Verkabelung, aber auch im Engineering und der Inbetriebnahme gegenüber klassischen Regelkreisen bis zu 33 Prozent Kosten sparen“, rechnet Kavreet Bhangu, ebenfalls Geschäftsführer von Focus-On. „Im Betrieb profitieren die Anwender von einer höheren Regelgüte und höheren Regelgeschwindigkeit. Dort spielt es eine Rolle, wie schnell ein vorgesehener Prozess­punkt erreicht wird.“

Denn die Integration des kompletten Regelkreises in ein Gerät erlaubt um den Faktor 10 schnellere Zykluszeiten. Zudem sollen integrierte Regelalgorithmen das Überschwingen verhindern, wodurch der Regelkreis stabilisiert wird. So lassen sich durch die permanente Optimierung des Regelkreises Betriebskosten sparen. „Wir stehen noch ganz am Anfang, und können die neuen Möglichkeiten noch gar nicht alle abschätzen“, so Bhangu.

Doch bei allem Enthusiasmus wissen die Manager aber auch, dass für die Umsetzung des neuen Ansatzes erst einmal organisatorische Hürden zu nehmen sind. Denn bislang werden Rohrleitungen, Ventile und Messinstrumentierung getrennt voneinander geplant. Dazu sind Änderungen an den Fließbildern notwendig, welche die Grundlage für den Engineering-Prozess bilden. „Wir müssen den Planungsprozess überarbeiten, wenn wir den Nutzen der Digitalisierung heben wollen“, sagt Steckenreiter, und Bilgic ergänzt: „Wenn die Planungsprozesse so bleiben, dann wird man die Vorteile nicht heben können. Aber irgendjemand auf der Welt wird das tun, und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen“, ist Bilgic überzeugt.

Der neue Prozessknoten ersetzt vier Komponenten eines ...

Im Betrieb zeichnet sich der neue Ventilknoten gegenüber dem klassischen Aufbau auch aufgrund der kurzen Wege und der Abstimmung von Sensorik und Aktorik durch eine bessere Regelgüte aus. Die Kooperationspartner haben in das Gerät nicht nur eine leistungsfähige Steuerung integriert, sondern legen auch die Betriebsdaten im Gerätespeicher ab. Dadurch kann der autonome Ventilknoten eigenständige Optimierungen vornehmen und den aktuellen Betriebszustand mit einem im Gerät hinterlegten Modell ständig abgleichen. „Aus meiner Sicht ist die Anlagensteuerung heutzutage alles andere als optimal. Häufig stellen die Ingenieure die Messgenauigkeit über die Regelgüte. Dadurch kommt es oft zu unsinnigen Prozessführungskonzepten“, sagt Thomas Steckenreiter. Oft führe dies dazu, dass zusätzliche Sensoren und Aktoren verbaut werden, mit denen eine sichere Fahrweise erreicht werden soll: „Das geht zu Lasten der Prozesseffizienz.“

Ein im Gerät abgelegter digitaler Zwilling des Regelkreises vergleicht die Messwerte mit den aus dem Prozessmodell berechneten. So können die aktuellen Messwerte verifiziert werden und entsteht die Grundlage für eine Geräte- und Prozessdiagnose. „In der Praxis lassen sich so präzise Vorhersagen zu Kavitationszuständen machen“, berichtet Steckenreiter. Weitere Überlegungen gehen dahin, die Ultraschallmessung für Analytik-Aufgaben zu nutzen: beispielsweise um Verschleiß in der Anlage zu überwachen.

Um die neue Technik auch für existierende Anlagen nachrüsten zu können, haben die Entwickler nicht nur konventionelle elektrische Anschlüsse wie beispielsweise 4 bis 20 mA und Hart vorgesehen, sondern die Geräte auch so dimensioniert, dass sie sich einfach in bestehende Anlagen integrieren lassen. „Anwender können die Technik dadurch einfach in bestehenden Anlagen ausprobieren“, sagt Stephan Neuburger, CEO von Krohne. Gleichzeitig können nach der Namur Open Architecture NOA aufgebaute, rückwirkungsfreie Kommunikationskanäle für Diagnosefunktionen genutzt werden. Dies geschieht entweder per WLAN oder Bluetooth. Einen ersten Kundenkreis sieht Neuburger in den Herstellern von Skids, die als Module in Prozessanlagen beispielsweise der Lebensmittelindustrie, aber auch der Öl- und Gasindustrie eingesetzt werden: „Für diese spielen der Platzbedarf

Die Messwerte werden ständig über den im Gerät integrierten digitalen Zwilling verifiziert und gegebenenfalls korrigiert.

und das Gewicht eine entscheidende Rolle. Skid-Hersteller werden sich diese Vorteile sehr schnell zunutze machen wollen.“

Um offen für zukünftige Entwicklungen zu sein, hat das Entwicklungsteam eine mehrstufige Hard- und Softwarearchitektur entwickelt. „Unser Ansatz beruht ähnlich wie bei der Entwicklung von Mobiltelefonen auf drei Schichten: Einem Application Layer, in dem Cloud-Dienste abgebildet werden, und ganz unten einem Physical Layer, der das Produkt selbst darstellt. Dazwischen schafft der Orchestration Layer die Verbindung. Über diese Architektur sind wir in der Lage, jedem Gerät beliebige Funktionen anzudienen“, beschreibt Dr. Andreas Widl, Vorstandsvorsitzender von Samson, die Überlegungen und ist überzeugt: „Bei Focus-On geht es um mehr, als die Integration von Sensorik und Aktorik – wir gehen hier den Schritt von der analogen in die digitale Welt.“

Krohne und Samson sind zu gleichen Teilen an Focus-On beteiligt, dessen Unternehmenssitz sich in Dordrecht, Niederlande, befindet. Die Basis dafür bildet die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen, die seit über 25 Jahren weltweit in verschiedenen Projekten und Veranstaltungen gemeinsam auftreten. Der Ausbau zur strategischen Partnerschaft in der Prozessinstrumentierung und die Gründung eines Joint-Venture-Unternehmens wurde von den CEOs Dr. Andreas Widl, Samson, und Stephan Neuburger, Krohne, initiiert: „Im Zeitalter der Digitalisierung kann man große Innovationen nur gemeinsam stemmen“, zeigt sich Widl überzeugt, „hier kooperieren zwei Partner vertrauensvoll und auf Augenhöhe“. „Wir haben unsere Ideen zusammengeführt, und daraus ist Focus-On entstanden, das mit dem intelligenten Prozessknoten als erstem Produkt unsere innovativen Ansätze zur dezentralen Regelung und zur vorausschauenden Wartung bündelt“, ergänzt Neuburger.

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