ZEIT ONLINE

2022-12-02 20:01:05 By : Ms. Jane Bian

Man muss es gleich zu Beginn sagen: So ein Erdgasbohrloch ist, von außen betrachtet, eine langweilige Sache. Da steht man, eines kalten Novembermorgens, am Dorfrand von Kleinburgwedel, nicht weit von Großburgwedel bei Hannover – Sie wissen schon, da hat mal ein Bundespräsident in einem Klinkerhaus gelebt. Alle Häuser hier sehen aus wie das frühere Bundespräsidentenhaus, Klinker an Klinker und nur ein paar Meter daneben: Fuhrberg E1. Dann wieder Klinker.

Fuhrberg E1. Ein umzäunter Platz wie ein großer Schulhof. Darauf ein paar verstreute Geräte, zwischendrin ein Herr mit Overall und Schutzhelm, sein Name: Matthias Meyer, 52, "Production Foreman" beim Gaskonzern ExxonMobil . "Sie können auch Meister sagen", sagt Meyer. Genauer: Erdöl- und Erdgasfördertechnikmeister. Seit 35 Jahren sei er im Geschäft. Er ist eigens angereist, normalerweise braucht ein Gasbohrplatz kein Personal. Es sei denn, es ist was kaputt. Oder ein Journalist muss herumgeführt werden. So viel gebe es aber echt nicht zu sehen, sagt Herr Meyer.

Und dennoch ist das Loch ein Beweis: Deutschland fördert Erdgas.

Eine Führung ist schnell geschafft. Sie beginnt mit dem sogenannten Bohrlochkopfabschluss – das ist der kleine Aufbau über dem Bohrloch. Ein paar Rohre und Ventile. Von dort führt eine Leitung zum Sicherheitsventil, die nächste Leitung zum Regelventil, dann geht’s für das Gas über die "Flow-Line" unterirdisch auch schon weiter zum Betriebsplatz von Exxon ein paar Kilometer entfernt.

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Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine ist deutsches Gas wieder Thema. Fünf Prozent seines Gasbedarfs deckt Deutschland selbst. Dafür gibt es Hunderte kleine Förderplätze wie Fuhrberg E1. Bisher wird ausschließlich Gas aus relativ einfach zugänglichen Lagerstätten gefördert – wie jener, die unter Fuhrberg E1 liegt, dem Gasfeld Thönse, das von den deutschen fünf Prozent nur ein Prozentchen abdeckt.

Aber, da sind sich Experten einig: Wenn Deutschland wollte, könnte es viel mehr Gas produzieren. Die Vorräte liegen bei 800 Milliarden Kubikmetern, vielleicht sogar dem Doppelten, versteckt in Schiefergestein. Die Deutschen könnten sich 20 Jahre selbst versorgen. Sie müssten nur bereit sein zu: Fracking .

Das F-Wort. Es weckt, das steht fest, Emotionen. Wie noch jede Art der Energiegewinnung wird auch Fracking verdammt oder verteidigt. Die Frage ist, ob jeder, der mitdiskutiert, eine Vorstellung davon hat, was es heißt, wenn man fracken würde. Ist das die nächste große deutsche Debatte, in der viele mitreden, aber niemand genau weiß, worüber?

Ob es, zum Beispiel, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder weiß? Der sagte neulich in der Süddeutschen Zeitung wunderbar söderige Sätze: "Fracking von gestern will keiner. Aber es ist sinnvoll zu prüfen, ob es neue und umweltverträgliche Methoden gibt" – nur nicht in Bayern. "Vor allem in Niedersachsen gibt es nach Ansicht von Experten große Erdgasfelder", so Söder. Da horcht man auf in Kleinburgwedel, 400 Kilometer von Nürnberg entfernt.

Und ob es Stephan Weil weiß? Der SPD-Ministerpräsident in Niedersachsen antwortete Söder gleich auf Twitter: "Der Süden" fordere Fracking im Norden – "gehts noch?!" Söder solle Windräder bauen. Als sich dann Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner einschaltete mit der doppelten Verneinung, es sei wirklich nicht verantwortbar, aus ideologischen Gründen auf Fracking zu verzichten, brannte die Debatte wie eine Gasfackel.

Vielleicht müsste man erst mal verstehen, was Fracking eigentlich ist. Deshalb hier: der Versuch einer vorsichtigen Tiefenbohrung.

Es gibt ja, das bestätigt Herr Meyer, unser Production Foreman in Kleinburgwedel, die landläufige Vorstellung, Erdgas befinde sich in irgendeiner Art unterirdischer Badewanne, einem riesigen Hohlraum. Man müsste nach dieser Vorstellung mit dem Bohrer anrücken und so tief in die Erde piksen, dass man bis zur Badewanne vordringt, und zisch, würde das Gas nach oben schießen. Das ist allerdings falsch. Gas steckt in tiefen Gesteinsschichten, es ist der fossile Überrest von Pflanzen, die im Laufe von Jahrmillionen von Gestein eingeschlossen wurden, und man muss in dieses Gestein hineinbohren, in der Hoffnung, dass das Gas aus dem Stein entweicht.

Konventionelle, also eher einfache Gasförderung wie hier in Kleinburgwedel bringt Gas an die Oberfläche, das in Sandsteinschichten gespeichert ist. Sandstein: sehr porös. Seine Poren sind miteinander verbunden. Daher sucht sich das Gas, sobald man den Sandstein angebohrt hat, fast von allein den Weg zum Bohrloch. In Deutschland macht man das seit Jahrzehnten. Die Bohrung auf Fuhrberg E1 wurde 1953 gesetzt. 2000 Meter tief in die Erde.

Schon 2014 wusste man, dass Fracking eine Option für die Energiesicherheit der Zukunft darstellt, siehe hier:

Und diese Zukunft ist jetzt. Ich hoffe, dass diese Regierung mal was Vernünftiges zustande bringt und endlich Fracking in Deutschland etabliert.

"Fracking eine Option für die Energiesicherheit der Zukunft"

Gas ist schnell alle, wenn man es verbrennt, da von Zukunft zu sprechen, ist Betrug am Verstand. Die gesamten Vorkommen in Deutschland reichen nicht mal für 10 Jahre, wenn man sie überhaupt alle fördern könnte.

Lassen wir es da, wo es niemandem schadet, ist besser so.

"Und diese Zukunft ist jetzt."

Wie lange dauert es wohl, alle Genehmigungen, Einsprüche und Förderanlagen so weit zu bringen, dass gefördert werden könnte?

Ihr Beitrag könnte glatt aus dem Werbeprospekt der Frackingunternehmen sein, genau so viel Versprechen, genau so viel Inhaltsleere.

Eigentlich bin ich aus Umweltschutzgründen gegen Fracking. Ich finde es allerdings nicht überzeugend, es hier zu verbieten, um dann Frackinggas von anderswo unter Aufwendung von großer Transportenergie zu importieren. Wenn, dann sollten wir schon selbst die Konsequenzen unseres Lebensstils tragen.

"Wenn, dann sollten wir schon selbst die Konsequenzen unseres Lebensstils tragen."

HAHA - der war gut!

Angenommen wir leben in der Wüste und haben eine Wasserquelle unter uns. Gleichzeitig sind andere aber bereit das Wasser aus ihren Quellen an uns zu verkaufen.

Bevor ich meinen "Schatz" selbst aufbrauche und dann zu 100% von anderen abhängig bin, lasse ich ihn doch lieber "heimlich" unangetastet, sodass wenn die anderen Quellen leer sind oder aus anderen Gründen nichts mehr geliefert wird, ich noch etwas für mich habe in der Notsituation.

Ich frage mich z.B. auch warum wir nicht auf Vorrat seltene Erden/Metalle aufkaufen und hier einlagern, sodass wir zukünftig selbständig Erneuerbare herstellen können, falls China einfällt doch alles selbst zu brauchen :-(

"Bevor ich meinen "Schatz" selbst aufbrauche und dann zu 100% von anderen abhängig bin, lasse ich ihn doch lieber "heimlich" unangetastet, sodass wenn die anderen Quellen leer sind oder aus anderen Gründen nichts mehr geliefert wird, ich noch etwas für mich habe in der Notsituation."

Der Vergleich hinkt. Bisher war es einfach so, dass es Ihnen verboten ist ihren "Schatz" zu fördern. Außerdem war es billiger den "Schatz" aus Russland zu importieren. Jetzt ist es aber so, dass sie für sehr viel Geld "Wasser" um die Welt schiffen müssen um nicht zu verdursten. Es wäre billiger und nötig auf ihren Schatz zurückzugreifen!

Leider herrscht beim Thema Fracking genau die selben ideologischen Vorbehalte, wie bei anderen Technologien. Überall wird gesagt: Hört auf die Wissenschaft, aber das gilt immer nur dann wenn die Wissenschaft, dass die eigene These untermauert.

Wir werden noch einige Zeit von Gas abhängig sein. Es ist besser dieses Gas lokal zu fördern. 1.) sind wir weniger abhängig von despotischen Regimen oder Regimen, wo Menschenrechte nichts gelten und 2.) ist es ökologisch unverantwortlich Fracking-Gas oder Gas generell mit dem Schiff um die halbe Welt zu schippern, wenn es hier vorhanden ist. Man möge mir bitte jetzt nicht kommen mit: "Die Alternative ist die Erneuerbaren massiv ausbauen". Das ist keine Alternative sondern eine zweite paralelle Notwendigkeit.

die wissenschaft sagt, du kannst nicht fracken ohne gift in den boden zu pumpen. und da im boden auch unsere trinkwasservorräte rumziehen, ist das allein schon ein riesiges problem.

dazu kommt dann noch das sinklochproblem.

beides gefährlich, beides endlos teuer. und grundwasser geht uns sowieso schon langsam aus, weils nichtmal ansatzweise so schnell nachgefüllt wird, wie wir es verpulvern.

es mag hier oder da mal einen geeigneten ort für geben, aber großflächig fracken wird das alles nur schlimmer machen

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