DHDL: Der Winemaster aus "Die Höhle der Löwen" im Test | STERN.de

2022-12-02 19:59:57 By : Ms. Amber Lu

Wie schmeckt eigentlich ein Gläschen feiner Chardonnay, wenn man die angebrochene Weinflasche im Alltagsstress zwei Wochen im Kühlschrank vergessen hat? Nun, besonders frisch wird dieses Tröpfchen mit Sicherheit nicht mehr durch die Kehle fließen. Sehr wahrscheinlich müssen Sie den Wein sogar in den Ausguss schütten. Vor allem bei hochpreisigen Weinen ist das ärgerlich. Von der Verschwendung von Lebensmitteln einmal ganz abgesehen. Doch was tun, wenn der 70 Euro teure Sangiovese am Abend nicht leer wird und danach eine längere Dienstreise ansteht? Viel mehr als eine kleine Vakuumpumpe, die den Sauerstoff mehr schlecht als recht aus einer halbleeren Flasche zieht, ist der Weinbranche dazu bisher nicht eingefallen. Mit dem Winemaster  soll alles anders werden.

Die Idee,  einen angebrochenen Wein so zu präparieren, dass er auch nach einigen Wochen noch sein volles Bouquet entfaltet und so frisch schmeckt wie am ersten Tag, stammt von Hubert Koch. Der 63-Jährige ist Weinhändler und betreibt in Mönchengladbach das Weinhaus am Kreuzweiher. Nun muss man zunächst mal zugeben, dass der Gedanke, einer halb vollen Flasche Wein den Sauerstoff zu entziehen, nicht ganz taufrisch ist. Wirklich praktikabel umgesetzt hat diesen Prozess allerdings noch keiner. Das findet zumindest Hubert Koch. Der Weinexperte vom Niederrhein tüftelte in seinem Weinkeller also selbst mehrere Jahre an einer massentauglichen Idee. Heute stellt er seinen Winemaster in der VOX-Sendung "Die Höhle der Löwen" vor. Wir haben uns die Aromaschutz-Flasche schon einmal angeschaut und auf Herz und Nieren geprüft.

Der Winemaster kommt hochwertig verpackt in einem schwarzen Karton. Bereits auf dem Deckel erfährt man, wie der Wein dank Winemaster seinen "guten Geschmack" behalten soll. Im Karton finden sich neben einer Flasche aus Braunglas, ein Flaschenständer aus durchsichtigem Kunststoff, der flexible Flaschenboden mit Gummilippe, ein Ventil mit Edelstahlkopf sowie eine ausführliche Anleitung. Wegen der zwar bruchsicheren, aber auch staubanfälligen Verpackung waren Flasche, Halter und der Flaschenboden schon kurz beim Auspacken leicht angestaubt. Die Teile sollten vor dem Einsatz besser noch einmal mit warmem Wasser abgespült und abgetrocknet werden. Ansonsten sind sämtliche Einzelteile auf den ersten Blick solide verarbeitet. Hingucker sind eine auf die Flasche gravierte Traube und der auf einem Teil eingestanzte Winemaster-Schriftzug.

Bevor der angebrochene Wein in die Flasche gefüllt werden kann, soll diese von innen mit kaltem Wasser befeuchtet werden. Danach wird der Flaschenboden samt Gummilippe von unten in die Flasche geschoben. Das ist keine Raketenwissenschaft und gelingt selbst nach einem launigen Abend mit einigen Gläsern Wein in wenigen Sekunden. Eine ruhige Hand braucht es dagegen, um den Weinrest in die Aromaschutz-Flasche umzufüllen. Ein kleiner Trichter wäre an dieser Stelle aus meiner Sicht hilfreich, um kleinere oder größere Weinlachen zu vermeiden. Ventilverschluss drauf, fertig! Nicht ganz. Denn nun muss noch die Luft raus.

Und hierfür hatte Hubert Koch eine an sich raffinierte Idee, die allerdings einmal mehr etwas Fingerspitzengefühl und Augenmaß erfordert. Bei gedrücktem (und damit offenem) Ventil wird die Flasche vorsichtig in den Flaschenhalter gedrückt. Ein Stab schiebt den Flaschenboden mit dem übrigen Wein in Richtung Flaschenhals und der Sauerstoff kann durch das Ventil entweichen. Wer sich an die detaillierte und gut verständliche Anleitung hält, kann auch hier nichts verkehrt oder kaputt machen. Damit die Flasche nicht auf dem Glasrand steht und möglicherweise Oberflächen zerkratzt, wird von unten noch ein Bodendeckel aus Gummi angebracht. Danach wandert die Aromaschutz-Flasche am besten in den Kühlschrank.

Grundsätzlich gilt die Regel: Je leerer die Flasche, desto schneller sollte der Wein ausgetrunken werden. Wichtig: Die angegebenen Zeiten gelten nur, wenn die Flaschen gut verschlossen im Kühlschrank landen.

Um festzustellen, ob der Wein nach längerer Trinkpause noch so frisch schmeckt wie kurz nach dem Öffnen, haben wir drei Flaschen Grauburgunder (Weingut Beck, Rheinhessen) gekauft. Wir schenkten aus der ersten Flasche zwei Gläser zu je etwa 100 Milliliter ein. Den Rest (ca. 0,5 Liter) füllten wir entsprechend der Gebrauchsanleitung in die Winemaster-Aromaschutz-Flasche ab. Aus Flasche Nummer zwei entnahmen wir ebenfalls zwei Gläser, verschraubten diese aber anschließend nur mit dem Original-Verschluss. Die dritte blieb verschlossen, um den Originalgeschmack später auch korrekt vergleichen zu können.

Nach 22 Tagen in der Kühlung hieß es: "Butter bei die Fische", wie wir hier im Norden sagen. In kleiner Runde probierten wir den frisch geöffneten, den nur per Schraubdeckel verschlossenen und den angebrochenen Wein aus dem Winemaster im direkten Vergleich. Wirklich überzeugen konnte dabei nur der frisch geöffnete Grauburgunder. Doch während der verschraubte in den drei Wochen nur ein wenig Frische und Tiefe eingebüßt hatte, schmeckte der in den Winemaster abgefüllte Wein enttäuschend und weit entfernt vom Original. Selbst als Kochwein erschien uns der abgestandene Grauburgunder aus Rheinhessen kaum noch zu gebrauchen.

Der Winemaster ist eine spritzige Idee (um mal in der Sprache der Sommeliers zu bleiben). Die Handhabung ist mit etwas Übung keine Herkulesaufgabe. Das Umfüllen von der Original- in die Aromaschutz-Flasche könnte mit einem zusätzlichen Tool etwas komfortabler gelöst werden. Für meine Trinkgewohnheiten ist der Winemaster nichts. Wir trinken geöffnete Flaschen in der Regel am Abend aus oder leeren sie spätestens einen Tag danach. Zudem ist mir das Reinigen der benutzten Flasche zu umständlich und zeitaufwändig (in der Anleitung wird die Reinigung in neun ausführlichen Schritten beschrieben). Für Gastgeber, die ihrem Besuch verschiedene Weine anbieten möchten, die später halbleer in der Küche stehen bleiben, könnte der Winemaster aber eine praktische Lösung sein. Die wichtige Information, dass der Winemaster nicht nur bei Rotweinen, sondern auch bei Rosé- und Weißweinen funktioniert, ist auf der sonst sehr schönen Verpackung aus meiner Sicht nicht präsent genug. Ich bleibe dabei: Für den einen oder anderen Genießer hochwertiger Weine mag der Winemaster zum aus meiner Sicht angemessenen Preis von 29,99 Euro sinnvoll sein. Allerdings nur dann, wenn der Wein nach einigen Wochen tatsächlich noch so schmeckt wie das Original. (Was im stern-Test nicht der Fall war) Bei uns überlebt eine entkorkte Flasche jedweder Preisklasse im Höchstfall eine Nacht im Kühlschrank. 

Auf der Jagd nach einem Deal wagte sich Hubert Koch am Montag in "Die Höhle der Löwen". Und begeisterte alle vier Investoren von seiner Idee. Letztlich vertraute er auf Ralf Dümmel, den dem Gladbacher unternehmerisch auf die Sprünge helfen will. Für ein Kapital von 100.000 Euro trat Koch seinem neuen Partner knapp ein Drittel seines Unternehmens ab.

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